Neuronale Mechanismen Natürlichen Verhaltens
Wissenschaftliche Experimente, bei denen das Aufzeichnen von neuronalen Signalen erforderlich ist, werden in der Regel unter kontrollierten Bedingungen an Labortieren durchgeführt. So wurden zum Beispiel die neuronalen Grundlagen von Kommunikationsverhalten mit Hilfe von Lautäußerungen bisher ausschließlich an isolierten Tieren untersucht, die entweder den Sender oder den Empfänger der Kommunikationssignale darstellten. Während natürlicher Kommunikationsprozesse wechseln jedoch die Sender- und Empfängerrollen zwischen den interagierenden Individuen: Es entsteht ein Kreislauf, in dem das Verhalten und die Hirnaktivität beider Tiere vom Verhalten des jeweiligen Partners beeinflusst werden können.
Um das tatsächliche Leistungsvermögen neuronaler Schaltkreise aufzudecken, untersuchen wir die Hirnfunktion von Tieren, die sich frei innerhalb ihrer natürlichen, sozialen Umgebung bewegen können. So ist es uns weltweit erstmals gelungen, die extrazelluläre, neuronale Aktivität in Wildvögeln aufzuzeichnen, während diese mit ihren Artgenossen frei in ihrem natürlichen Lebensraum interagierten.
Unsere aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Beschreibung der neuronalen Mechanismen von vokalem Kommunikationsverhalten, also der Kommunikation mit Hilfe von Lautäußerungen. Hierfür nutzen wir Singvögel als Modelltiere. Wir untersuchen zum Beispiel, wie das vokale Kontrollsystem im Gehirn von Singvögeln es den Tieren ermöglicht, sich beim Singen im Duett im Rhythmus von wenigen Millisekunden abzuwechseln. Ein anderes Projekt untersucht die neuronalen Mechanismen von Alarmrufverhalten in Singvögeln. Die Rolle des Gehirns bei Verhaltensweisen aufzudecken, wie zum Beispiel bei Alarmrufen zur Feindabwehr, ist fundamental wichtig um unter anderem zu verstehen, wie neuronale Systeme die Entscheidungsfindung in lebensbedrohlichen Situationen ermöglichen.
Für unsere Forschung verwenden wir ein breites Spektrum an Techniken, wie z.B. in-vivo Neurophysiologie, Bioakustik, Verhaltensbeobachtung, Histologie und Mikroskopie.