Neuronale Mechanismen des Alarmrufverhaltens
Susanne Hoffmann erhält ERC Consolidator Grant für Forschung zu Alarmrufen bei Vögeln
Ein Alarm kann Leben retten. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Tiere Alarmrufe nutzen, um ihre Artgenossen vor Gefahren zu warnen. Was bei den Alarmrufen, sowie bei Reaktionen darauf im Gehirn passiert, wurde jedoch noch nie in einem natürlichen Kontext untersucht. Dies will Susanne Hoffmann vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz nun ändern. Ihr innovatives Forschungsprojekt zu den neuronalen Mechanismen des Alarmrufverhaltens bei Vögeln wird vom European Research Council (ERC) mit einem Consolidator Grant in Höhe von 1,9 Millionen Euro gefördert.
Achtung, Gefahr! Nicht nur Menschen, sondern auch viele Tiere warnen ihre Artgenossen vor Feinden und Bedrohungen mit Alarmrufen. Solche Alarmrufe stellen ein faszinierendes evolutionäres Paradoxon dar: Während sie die Überlebenschancen der Empfänger erhöhen können, setzen sie den Sender oft einem erhöhten Risiko aus, selbst zum Opfer zu werden. Die Grundlagen dieses Verhaltens im Gehirn zu entschlüsseln ist wichtig für das Verständnis der Funktionen neuronaler Systeme in lebensbedrohlichen Situationen. Dies könnte letztlich auch dazu beitragen zu erklären, warum Tiere ihr Leben riskieren, um andere zu warnen. In ihrem neuen Projekt „NeurAlarm“ wird Susanne Hoffmann untersuchen, wie das Gehirn Alarmrufe in einem natürlichen Kontext steuert und auf Alarmrufe reagiert.
Susanne Hoffmann und ihr Team werden die neuronalen Mechanismen untersuchen, die bei Vögeln an der Produktion und Verarbeitung von Alarmrufen sowie beim Reagieren auf Alarmrufe beteiligt sind. Durch die Kombination neurophysiologischer Methoden mit Feldforschung wird NeurAlarm viele offene Fragen adressieren, wie zum Beispiel: Wird die Produktion von Alarmrufen und anderen Rufen von denselben neuronalen Schaltkreisen gesteuert? Sind die Neuronen im Gehörsystem der Vögel besonders empfindlich für Alarmrufe? Reagieren die Neuronen unterschiedlich, je nachdem, von wem der Alarmruf ausgeht? Um diesen Fragen nachzugehen, wird das Forschungsprojekt nun mit einem ERC Consolidator Grant in Höhe von 1,9 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre gefördert.
Die Forschenden werden das Alarmrufverhalten von zwei verschiedenen Vogelarten untersuchen: Dem afrikanischen Weißbrauenweber und dem australischen Weißstirn-Schwatzvogel. Dazu werden sie kabellose Miniatursender verwenden, die speziell am Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz entwickelt wurden. Mit diesen Sendern können sie gleichzeitig die Lautäußerungen, sowie die Gehirnaktivitäten von Individuen innerhalb Gruppen interagierender Vögel aufzeichnen. „NeurAlarm wird das erste Projekt sein, bei dem die neuronale Aktivität von wildlebenden Vögeln dokumentiert wird, die in natürlichen, bedrohlichen Situationen Alarmrufe ausstoßen und hören“, erklärt Susanne Hoffmann.
NeurAlarm ist besonders interessant, weil es drei verschiedene Gehirnbereiche miteinander verbindet: Das Stimmkontrollzentrum, das Hörzentrum und das Angstzentrum. „Die Messung von Aktivitäten in diesen drei verschiedenen Hirnarealen bei Wildvögeln wird wesentlich zu unserem Verständnis der neuronalen Mechanismen natürlichen Verhaltens beitragen“, fasst Susanne Hoffmann zusammen. So hat NeurAlarm nicht nur das Potenzial die neurobiologische Forschung in natürlicher Umgebung voranzutreiben, sondern auch, grundlegende Erkenntnisse über die Evolution und das Verhalten von Vögeln zu fördern.
[Text von Magdalena Warner]