Neue Technik soll die Funktion einzelner Gene im Gehirn sichtbar machen
Die neue Methode könnte helfen, die Rolle von Genen bei Gehirnerkrankungen aufzuklären
Genetische Veränderungen liegen auch vielen Gehirnerkrankungen zugrunde. Welche Gene jedoch betroffen sind, wann die Veränderungen auftreten und welche Auswirkung die Veränderungen innerhalb der Nervenzellen haben, ist meist unbekannt. Ein Grund dieser Unkenntnis ist, dass Gene und ihre Produkte nicht in einzelnen Zellen markiert werden können, ohne die Zellfunktionen zu behindern. Ein internationales Team des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie, der Birmingham Universität, des Wigner Instituts in Budapest und der Femtonics Ltd. wollen diese methodische Lücke nun schließen. Die Europäische Union fördert das Projekt im Rahmen ihres „Horizon 2020“ Programms mit über vier Millionen Euro.
Vielen Erkrankungen wird eine genetische Komponente zugeschrieben. So können Genveränderungen ein Auslöser von Krebs, aber auch von psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie, Depression oder Autismus sein. Sicher scheint, dass die meisten Erkrankungen nicht aus der Mutation eines einzelnen Gens resultieren, sondern durch das Zusammenspiel von dutzenden, vielleicht sogar hunderten Genen ausgelöst werden. Es wäre ein großer Erfolg für die Erforschung, Diagnose und Therapie dieser Erkrankungen, könnte die Aktivität einzelner Gene direkt beobachtet werden.
Die Methode für diese Beobachtungen möchte das Team um Herwig Baier vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Attila Sik von der Universität Birmingham, Miklós Veres vom Wigner Institut und den Mikroskopie-Entwicklern der Femtonics Ltd. nun ermöglichen. Sie wollen die genetischen Bausteine so markieren, dass sie die Aktivität und Funktion einzelner Gene unter einem speziell entwickelten Mikroskop sowohl während der Entwicklung als auch im späteren Leben „live“ beobachten können.
Der methodische Ansatz, der das neue Feld der „Visuellen Genetik“ begründen soll, kombiniert Verfahren aus der Zwei-Photonen-Mikroskopie, der Stimulierten Raman Spektroskopie (SRS), basierend auf der sogenannten Raman-Streuung, und der Synthese von genetischen Marker-Molekülen. Das Ziel ist, die Genaktivität im Gehirn von Zebrafischen und anschließend in der Maus sichtbar zu machen. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren.